Mittwoch, 24. November 2010

Hurra, wir leben noch

ugen aufschlag* *blinzel* *umguck* Mhmmuähhwasistwobinichnochmal? *hingebungsvoll Nase putz* So, jetzt geht's wieder. Seit zwei Wochen bin ich krank, fiese Mittelohrentzündung, ausgehend von einer Mandelentzündung, die sich jetzt, und das ist gottseidank immer das Zeichen einer bakteriellen Verzweiflungstat, in den Bronchien verschanzt hat, wo ich die Infektion mit GeloMyrtol, das ist das Zeug, mit dem man so gut nach Koala duftet, in Schach halte. Also auf dem Weg der Besserung. Ein Glück. Wenn man mal verschnupft ist, einen Tag zu Hause bleibt, ein nettes Buch liest, Tee trinkt und sich entspannt, ist das eine tolle Sache, aber auf dem Höhepunkt dieser Tortur hätte ich alles darum gegeben, in Doppelschichten in die Uni zu gehen und zu arbeiten anstatt so elend wie ein Kadaver auf dem Sofa zu liegen und wirklich nichts tun zu können außer zu dämmern und die Minuten bis zur nächsten Keuchhustenattacke zu zählen. Gestern war ich schon wieder probehalber in der Arbeit, musste aber nach vier Stunden aufgeben und heimgehen. Uni läuft aktuell auch nur auf halber Kraft.
Ich hatte gehofft, den völlig nutzlosen Reizusten schon letzte Woche dämpfen  zu können, nachdem mir der Hausarzt ein Mittelchen namens Capval mitgegeben hat. Der Hauptwirkstoff ist Noscapin, ein Alkaloid aus dem Schlafmohn, im Beipackzettel stand unter Nebenwirkungen irgendetwas von "sehr selten auftretenden Bauchkrämpfen". An dem Tag hab ich noch nebenbei Ibuprofen zur Schmerz- und Fieberlinderung und Entzündungshemmung nehmen müssen, und dass es beim der ersten halbdosierten nachmittäglichen Einnahme zwei Stunden später ganz leichte Magenkrämpfe gab, schob ich das auf das Antibiotikum. Am Abend warf ich mir dann die Standartdosis (zwei Pastillchen) ein und beschloss frohgemut, das Ibuprofen wegzulassen, da ich ja diese Nacht endlich wieder schlafen sollte. Ha, denkste - um Mitternacht fand ich mich im Bad kauernd auf den kalten Fliesen wieder, der Körper zusammengezogen von bestialischen Muskelkrämpfen im Brustbereich, die mich nicht atmen ließen, die Haut kalt, klebrig und schweißbedeckt. Eine halbe Stunde muss ich da gelegen haben ohne mich rühren oder wenigstens rufen zu können, dann hatte ich die Kraft, um mir Buscopan einzuwerfen, woraufhin sich die Spastik nach einer weiteren halben Stunde langsam löste, ich ins Bett wankte und in einen komatösen Schlaf fiel. Am folgenden Morgen habe ich dann in Internet von ziemlich vielen Menschen mit ähnlichen Symptomen nach der Einnahme von Capval gelesen. Kinder bekommen davon offenbar horrorähnliche Halluzinationen. Wie man bei dem Stand der Dinge im Beipackzettel noch von "sehr seltenen Oberbauchkrämpfen" sprechen kann, ist mir ein Rätsel, denn in der Nacht dachte ich allen Ernstes, ich müsse nun sterben. Naja, der Husten war da zumindest weg. *höhö* Jetzt vertraue ich wieder auf die gute alten Dampf-Inhalation, Salbeibonbons und Erkältungssalbe, und hoffe, dass sich das Ganze bald legt. Normalerweise wird in einer Vorlesung ja ständig gehüstelt, aber wenn aus einer Ecke immerzu ein Röcheln wie von einem sterbenden Pferd kommt, ist irgendwann sogar der Dozent genervt.

Montag, 1. November 2010

ittlerweile geht es wieder aufwärts. Wunden verheilen, bei allen Ärgernissen bietet jeder Tag etwas, worüber man sich freuen kann, und die Moira blickt wohlwollend auf einen herab. Bei rechter Überlegung entpuppt sich vieles, was uns Angst macht oder unser Denken verdüstert, als pures Luxusproblem, und ja, es ist wahr, schon ein bisschen Spazieren gehen, Fahrrad fahren und sich den Wind der Welt um die Nase wehen lassen kann schon viel dabei helfen, den Weg nach vorne zu erkennen.
Nachträglich noch Samhain Beannaith euch allen! Ich hatte diese Nacht weder Visionen noch interessante Wahrträume, aber offenbar hat mir das Fest geholfen, wieder ausgeglichener und gelassener zu werden. Jetzt esse ich Walnüsse und trinke grünen Tee. Ansonsten gab es auch bis auf einen rätselhaften Klecks halbverdauten anfermentierten Grases direkt vor meiner Balkontür, vor der heute Nacht der Reisigbesen lehnte, keine besonderen Vorkommnisse. Vielleicht hat da irgendein Dämönchen, das herein wollte, seinem Ärger etwas Luft gemacht...

Sonntag, 24. Oktober 2010

rgendwie geht's mir gerade nicht so dolle...
Das wird jetzt vermutlich eine längere Lamentatio, wer also nicht lesen will, muss nicht und schaut halt nächste Woche wieder rein, aber ich denke, ein Blog sollte nicht nur die schönen, lustigen Dinge im Leben enthalten, und wenn ich darüber schreibe, wird mir vielleicht klarer, was eigentlich los ist - und vielleicht hat der ein oder andere ja den ein oder anderen Rat.
Womit hat alles angefangen? Hm, vielleicht mit der schweren Krankheit meines Großvaters von jenseits des Waldes. Meine Eltern bekommen das nicht so recht mit (müssen sie auch nicht), aber sein Leid ist etwas, das mir näher geht als ich sogar selbst zuvor gedacht hätte. Er hatte ein Gangrän, das ihm jetzt ein Bein gekostet hat, und als hätten meine ständig darum kreisenden Gedanken einen Sympathieschluß oder so ausgelöst, hat sich mein Immunsystem in den Urlaub verabschiedet und ich bekomme überall selber entzündliche Vorgänge an der Haut, vornehmlich sehr schmerzhafte Papeln um den Mund herum (gerade sind es fünf), kleine Follikelentzündungen an den Unterarmen und sage und schreibe drei Nagelbettentzündungen an den Händen. Hinzu kamen die Erkältung letzte Woche und eine allgemeine Fahrigkeit im Denken, die mich planlos von einem Tag zum nächsten hetzten lässt. Ich möchte weinen und weiß nicht warum. Die ursprünglich eingesetzte Zinksalbe hat wegen des enthaltenen Wollwachs' die Entzündungen nur noch größer gemacht, das anschließend verwendete Povidonjod dämmte das zwar wieder ein, war aber so aggressiv, dass sich die oberste Hautschicht abgelöst hat und nässende wunde Stellen entstanden sind, die ewig brauchen, bis sie wieder heilen. Ein aufgesuchter Hautarzt hat mich zwei Minuten angesehen, irgendwas von "Akne" und "selber schuld, wenn Sie daran rumkratzen" gemurmelt und mich mit einem Rezept für irgendein Antibiotikum wieder nach Hause geschickt, von dem ich genau weiß, dass es das Grundproblem nicht beseitigen und nach seinem Absetzen die ganze Sache von vorne anfangen wird. In der Apotheke hatte man keine Lust, mich auf die Frage, ob es eine wundheilende Creme oder Salbe ohne Wollwachsalkohol gäbe, zu beraten. Irgendwie bin ich maßlos enttäuscht und komme mir vor wie eine entstellte Aussätzige. Jetzt behandele ich halt selber zu Hause mit Heilerde und Kamillenblütenaufguss, was schon zumindest körperlich positiv angeschlagen hat. Das Antibiotikum werde ich nicht holen. Was man gegen die innere Rastlosigkeit und allgemein negative Grundstimmung machen soll außer viel spazieren gehen, weiß ich allerdings nicht. Vorgestern war ich mit Arbeitskollegen weg, weil ich dachte, dass mich das vielleicht aufheitert und ablenkt, aber nach zwei Stunden bin ich beinahe aggressiv geworden und wollte nur noch heim in mein kleines Zimmer mit meinen Büchern, der samtigen Stille und den Herbstgestirnen draußen vor dem Fenster. Irgendwie hatte ich auch eine maßlose Angst, mein Großvater könnte in der Zwischenzeit gestorben sein, während ich in irgendeinem Lokal den belanglosen Gesprächen von Leuten gelauscht hätte, die ich bloß zweimal die Woche sehe und kaum kenne. Innenstädte bei Nacht sind sowieso widerwärtig. Jetzt trinke ich grünen Tee mit Lavendel und hoffe, dass sich der ganze Rattenkönig löst und ich wieder mein Gleichgewicht finde. Und mein Opa bald über den Berg ist und gesund wird.

Freitag, 15. Oktober 2010

ff, geschafft. Gestern und heute beide Sprachklausuren geschrieben. Was kam dran? Geeeeenau: in der englischen Klausur Shakespeares dramatisches Werk und in der französischen die klassische französische Tragödie, der Kram, den ich eigentlich die letzten vier Wochen lang hin und her gewendet, analysiert, verglichen und miteinander in jede erdenkliche Beziehung gesetzt habe. Jetzt besteht eher die Gefahr, dass ich zu viel anstatt zu wenig geschrieben habe. Die Übersetzungsteile waren beide machbar. Bei der französischen Übersetzung heute morgen gab's erst einmal Riesenerleichterung, denn Alphonse Daudets "Tartarin de Tarascon", an dem ich mich die letzten Wochen abgegarbeitet habe, war mit seinen ironischen Doppeldeutigkeiten und dem immensen Spezialvokabular eine sehr viel schwerere Übersetzungsarbeit als die heutige Aufgabe. Beim gestrigen englischen Übersetzungsteil hat's mich aber erst einmal gehörig geschaudert, denn der stammte aus Ernest Hemingways Roman "For Whom the Bell tolls" - und das, nachdem ich mich die letzte Woche so euphorisch mit John Donne auseinandergesetzt hatte. Überhaupt gab's gestern noch eine dicke Portion Schicksalsironie: Ich hätte ja eigentlich schon letztes Jahr zur Sprachklausur antreten sollen, fühlte mich aber irgendwie unvorbereitet und schob die klassische studentische 24-Stunden-Influeanza vor. Tja, und wer musste gestern und heute vollgepumpt mit Sinupret und mit Nasenspray, Taschentüchern und Salbeibonbons bewaffnet zur Prüfung antreten? Naaaa?
Ach ja, während ich so grübelnd aus dem Fenster in den Nordhof starrte, der mit großen Ebereschenbäumen bepflanzt ist, kam mir so ein kleines Stoßgebet in den Sinn.

Rowan tree, 
I cry to thee,
lend this to me:
a wisdom's goldberry,
and blessed be,
dear rowan tree.

Tja, kongenial gereimt. :-D Schien aber dennoch wohlwollend aufgenommen worden zu sein, denn ich denke, diese Prüfungen waren ganz erfolgreich. Jetzt freue ich mich auf ein entspanntes, lernfreies Wochenende zum Auskurieren. *hatschi*

Samstag, 9. Oktober 2010

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Ist durch…

…mein stundenlanges begeistertes Rezitieren von Donnes Ausspruch versehentlich ein Zauber losgegangen? Plötzlich redet man in Stuttgart miteinander! Naja, ob's jetzt einen Baustopp gibt oder nicht, darauf können sie sich schon wieder nicht einigen, aber immerhin…
Well, thanks, Master John.
ch habe mich seit kurzem mal wieder eine schrecklich altmodischen Tätigkeit zugewendet, dem Stricken. Beim Zusammensuchen der etwas wetterbeständigeren Herbstaußenhülle (ja, ich bin früh dran *gg*) ist meine alte Lieblingsmütze nämlich buchstäblich zu Staub zerfallen, und weil in den Geschäften zwar billige Mützen en masse rumliegen, diese aber meistens aus so ekligem Acryl-Polymer-Gemisch sind und offenbar keiner mehr auf die Idee kommt, schöne Farben zu verstricken (das Wetter ist eh schon so trübe, da brauche ich wirklich kein Knochenascheschwarz, Nebelgrau und diese Leichenlilatöne), muss ich halt selber ran. Das Garn ist aus 100% europäischer Baumwolle und kommt aus dem Wollkontor Erlangen, einem Online-Shop, den ich hier wärmstens weiterempfehlen will, denn man kriegt dort einen so freundlichen, transparenten und menschlichen Service, dass es einem schier die Sprache verschlägt. Natürlich wird die Mütze grün. ;-) Einen etwas helleren weidenblattartigen Ton habe ich gleich mit gekauft für einen Loopschal. Joah, und zwischen Arbeit und den Lernstunden ist so eine halbe Stunde Stricken mit einer Tasse Tee und einem guten Hörbuch, während draußen der Nebel Perlen in die Spinnennetze zwischen den Balkongittern hängt, wirklich eine entspannende und sogar richtig meditative Tätigkeit.
In einer meiner Literaturgeschichten ist mir mal wieder eines der schönsten Zitate der Menschheitsgeschichte untergekommen, das ich schon ganz vergessen hatte. Es stammt aus der Meditation XVII von John Donne und lautet wie folgt:

"No man is an island entire of itself; every man  is a piece of the continent, a part of the main;  if a clod be washed away by the sea, Europe  is the less, as well as if a promontory were, as  well as any manner of thy friends or of thine  own were; any man's death diminishes me,  because I am involved in mankind.  And therefore never send to know for whom  the bell tolls; it tolls for thee."
Und dann schaut man nach Stuttgart, und man schaut sich in der Politik um, und in der Wirtschaft, und dann fragt man sich, woher ein einzelner Mensch, der eine Pluderhose trug und seit fast 400 Jahren tot ist, bloß so viel Verstand herbekommen hat.

Donnerstag, 30. September 2010

Literaturstöckchen und Filmkritik

ei Ashmodai gab's heute ein kleines Buchstöckchen zum Mitgehen lassen; da sag ich natürlich nicht nein. 

Nimm ein Buch, welches mindestens 123 Seiten hat.
Schlag es auf Seite 123 auf, lies die ersten fünf Sätze und stelle die darauf folgenden drei Sätze auf Dein Blog.

Ist so sinnlos das Ganze, dass ich es natürlich sofort ausprobieren musste:

"Selbst wenn die 'Admiral Tegetthoff' der hölzerne Tempel eines Lichtkultes wäre, in dem der Sonnenaufgang als die Wiederkehr der Gottheit verehrt würde, könnte an Bord die Hoffnung auf das Ende der Polarnacht, auf die erlösende Wiederkehr der Sonne nicht größer sein als in diesem Jänner des Jahres 1873. - Die Kranken werden zu Kräften kommen, die Eismauern werden einstürzen und als schmelzende Ruinen in der Dünung davontreiben, und der Wind wird gut sein - wenn nur erst die Sonne wieder über den Horizont steigt …  Aber noch ist die Dunkelheit groß."
Christoph Ransmayr, "Die Schrecken des Eises und der Finsternis"

Das Buch habe ich mal gelesen, weil ich nördliche Abenteuerromane sehr mag, obwohl es in diesem Roman natürlich um mehr geht als Schlittenfahren und Robbenjagen, sonst wäre es nicht in der Auswahlbibliothek der Süddeutschen Zeitung gelandet.
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Gestern abend hatte ich mir im iTunes Store einen Film ausgeliehen, der, obwohl er nicht in Athen spielt und (wahrscheinlich) auch kein Gegenentwurf zu Ken Folletts "Säulen der Erde" ist, nichtsdestotrotz "Agora - die Säulen des Himmels" heißt (jaaa, ich weiß - in der Antike hatte jede griechische Stadt eine Agora. Warum man in Deutschland aber unter jeden englischen Originaltitel einen reisserischen und absolut unpassenden Untertitel dranklatschen muss, bleibt mir weiterhin ein Rätsel). In der Hauptrolle eine überaus schöne und mädchenhaft - neurotische Rachel Weisz - und hier fangen die Probleme an.
Der Film behandelt - natürlich etwas aufgebauscht - das Leben der Philosophin und Mathematikerin Hypatia von Alexandria, einer Frau, die in der Bibliothek von Alexandria Philosophie und diverse Naturwissenschaften unterrichtete, astronomische Forschungen betrieb und aufgrund ihrer Schriften zu Kegelschnitten im Verdacht steht, 1200 Jahre vor Kopernikus und Kepler erkannt zu haben, dass sich die Erde auf einer elliptischen Kreisbahn um die Sonne dreht. Im März 415 wurde sie von einer Gruppe fanatisierter Christen auf grausame Art und Weise getötet, wahrscheinlich durch den Willen des damaligen ersten Patriarchen Kyrill von Alexandria, der seine politische Macht in der Region gegen den amtierenden Präfekten ausdehnen wollte.
Hypatias Lebensgeschichte ist interessant, weil sie durch ihre Dokumentation einen Blick in eine der brisantesten Zeitabschnitte der Menschheitsgeschichte erlaubt: den Untergang des römischen Reiches und den zunehmende Einfluss des Christentums. Wenn man "Christen und Antike" hört, denkt man natürlich sofort zuerst an das Kolosseum, hungrige Löwen und lebende Fackeln; dass schon Urchristen, sobald sie an Einfluss in der antiken Welt gewannen, die ganze Sache mit der Toleranz und der Barmherzigkeit gerne mal vergaßen, ist weniger bekannt. Zum Glück hat Regisseur Alejandro Amenábar keine "Guter Heide - böser Christ" - Parabel daraus gemacht, sondern sensibel zu zeigen versucht, dass nicht eine Religion an sich schlecht ist, sondern in erster Linie die korrumpierbaren Menschen, die sie tragen. Das ist natürlich ein Seitenhieb auf die heutige Diskussion um islamischen Fanatismus. Es ist deswegen vielleicht ein bisschen ungeschickt gewesen, den Patriarchen Kyrill und seinen Propagandahandlanger Ammonius wie zwei Extremisten aus dem hintersten Hindukusch aussehen zu lasen, während die moralisch "Guten" im Film - Hypatia und ihr Schüler und späterer Bischof von Kyrene Synesios sehr hellhäutig und -äugig sind (Synesios trägt sogar im Gegensatz zu Kyrill, der immer in schwarz rumläuft, eine weiße Kutte). Dazwischen stehen der Statthalter Orest und der Sklave Davus, beide in Hypatia verliebt, die versuchen, ihren Platz in dem Religionschaos zu finden. Davus, der in seiner Freizeit ptolemäische Tellurien baut (im Film fälschlicherweise als Astrolabium bezeichnet) und Hypatias Vorlesungen aufmerksamer verfolgt als ihre Studenten, dann aber paradoxerweise das fanatischste Mitglied einer christlichen Extremistenvereinigung namens Parabolani wird (AlQuaida - Verschnitt?), wirkt die ganze Zeit über immer etwas autistisch. Fand ich schade, aus ihm hätte man mehr machen können. Überhaupt scheint die ganze Liebesgeschichte immer ein bisschen notdürftig hineingeflickt, man will ja den unbedarfteren Zuschauer auch etwas bieten. Daran anknüpfend wird Hypatia (durch Rachel Weisz) als schönes, unschuldiges und immer leicht zerstreutes Mädchen bis zum bitteren Ende dargestellt, das Davus' Hundeblick nicht bemerkt und die selbstverliebten Huldigungen des Statthalter Orest zwar abweist, aber dennoch ständig mit ihm zusammensteckt. Das ist insofern etwas krude, da die historische Hypatia zum Zeitpunkt der Ereignisse höchstwahrscheinlich eine gestandene Frau Anfang 40 war, die sicher besseres zu tun hatte als ihre Verehrer an der Nase herum zu führen und ihre Studien auf eine recht unkoordinierte und unprofessionelle Art zu betreiben (so stellen sich halt Männer vor, wie eine Frau forscht und studiert). Ich hätte mir gewünscht, dass einmal ein Regisseur, zumal wenn er nicht aus Hollywood kommt, den Mut hat und eine Frau und Wissenschaftlerin zeigt, die man ernst nehmen kann und die bewundernswert ist, obwohl sie keine Pfirsichhaut und Apfelbrüste hat und sich nicht aufführt wie eine kokettierende Siebzehnjährige mit Genieanflügen. Dafür wäre die Geschichte der Hypatia ideal gewesen.
Ein schöner kleiner "Running Gag" ist die artifizielle Kameraführung geworden, die des öfteren aus Alexandria in die Vogelperspektive und sogar in den Weltraum weg- oder hinzoomt. Anfangs fand ich das etwas anachronistisch, aber jetzt erscheint es mir eine schöne Idee zu sein, die kleinlichen und dummen Konflikte der ewig lärmenden Menschlein auf Erden zu zeigen, während eine Frau allein ihren Verstand benutzt und sich zu den stummen Sternen und lautlosen Bahnen der Planeten empordenkt. Das tröstet ein bisschen über einige Hollywood-Patzer (ausgelassene Blutrünstigkeit inklusive) hinweg, die offenbar unverzichtbar sind, wenn man nach "Ben Hur" und "Gladiator" noch einen Sandalenfilm drehen möchte. Nichtsdestotrotz bleibt die humanistische Behandlung des heute recht empfindlichen Themas "religiöser Fanatismus und Antisemitismus" und natürlich das Herausgreifen einer ungemein faszinierenden Frauenbiographie etwas, das man diesem Film sehr hoch anrechnen muss. Man denke sich nur, was aus dem Stoff geworden wäre, wenn Ridley Scott auf die Idee gekommen wäre, sich daran auszutoben. Du meine Güte.

Montag, 27. September 2010

Mabon-Altar
eute hat es bei uns eine unglaublich leckere Tomatensuppe gegeben. Wenn meine Mutter anfängt, vermehrt Interesse an heißen und kräftigen Suppen zu entwickeln, ist  das ein untrügliches Zeichen, dass es Herbst wird. Obwohl heute die Sonne geschienen hat, war es kalt und windig, und der Hartriegel an meinem Balkon ließ traurig von seinen ersten goldgelben Blättern. Ich mag dieses besondere Licht des Herbstes, die goldenen, satten Farben, die würzig-erdige Luft, das leise Fernweh, das einen überkommt, wenn man gegen den schon milchig blauen Himmel einen Schwarm Wildgänse vorüberziehen sieht. Ach ja … die nächste Vorlesungszeit, in der ich, so ein gnädiger Gott will, meine Sprachklausuren schreibe (und bestehen werde), beginnt in zwei Wochen; ich pauke schon seit Anfang August täglich meine englische und französische Literaturgeschichte. Bin gerade ein bisschen stolz darauf, dass ich Shakespeares Historiendramen wahlweise chronologisch oder unterteilt in Römerdramen, York- und Lancaster-Tetralogien und dem popeligen Rest aufdröseln und der Regeldramatik der französischen Klassik nach Racine gegenüber stellen kann (neeiiin, ich bin totaaal bescheidenSmilie by GreenSmilies.com).

Flöte und ich gewöhnen uns aneinander. Wie es sich gehört, hat sie auch schon einen Flötennamen, nämlich Céirseach, das ist gälisch für die Schwarzdrossel oder Amsel, einen Vogel, der meiner Meinung nach mit seinen Sangeskünsten ohne weiteres jede Nachtigall aufwiegt. Ja, das sommerlange abendliche Singen der Schwarzdrosseln werde ich besonders vermissen im Winter...
Gerade die hohen Töne sind noch immer recht heiser, was daran liegt, dass man bei der Fife, um in die nächsthöhere Oktave zu wechseln, aufgrund des fehlenden Daumenlochs die Töne überblasen muss, soll heißen, bei gleicher Griffweise so reinpusten, dass sich der Ton quasi überschlägt. Und bis das mal schön klingt, muss ich noch ganz feste üben.
Dieses schöne Air-Stück oder je nach Auffassung auch Lament heißt An Buacaill Dileas Ua Eirinn, oder auf englisch "The dear Irish boy". Gehört, wie ich finde, in die engere Auswahl der schönsten keltischen Melodien. Offenbar kann man hier keine reinen Audiodateien einfügen, deswegen gibt's als optische Dreingabe ein paar schöne Fotos von www.irishviews.com .
Ich wünsch euch einen schönen Abend!

 

Donnerstag, 23. September 2010



Blessed Mabon, Alban Elfed Beannaith, gesegnetes Erntedank und einen schönen Herbstanfang!

Mittwoch, 22. September 2010

An Irish Beauty

ach fast einmonatiger Wartezeit ist sie endlich da, die Flöte, die ich über eBay erworben habe. Wenn man ein Paket aus einem Land erwartet, das weiter weg liegt als etwa Österreich, wird einem mal wieder bewusst, wie groß unsere Welt immer noch ist; der erste Postwurfstempel der Royal Mail auf dem Päkchen stammte noch von Ende August, DHL hat's heute vor die Tür gelegt.
Gekauft habe ich dieses schöne Exemplar aus dunklem Walnussholz von David Angus , einem Flötenmacher aus dem County Down in Irland. Bei dem Instrument handelt es sich nicht direkt um eine "richtige" irische Querflöte, sondern um eine sog. Fife, das ist eine kleinere Piccoloflöte mit sechs Grifflöchern, die sich besonders im 19. Jahrhundert in der Militärmusik großer Beliebtheit erfreute. Die schrillen Pfeifen, die britische Soldaten in Historienschinken mit einer geradezu grotesk anmutenden Fröhlichkeit spielen, wenn sie dem Feind entgegenmarschieren, sind solche Fifes, die in einer sehr hohen Oktave überblasen werden. Das Instrument an sich ist allerdings schon älter; es hat seine Vorfahren im Mittelalter des europäischen Kontinents, wo solche Trommel- Seiten-, oder Schwegelpfeifen von Söldnern und Bauern gleichermaßen gespielt wurden. Das Wort "Schwegel" leitet sich von ahd. "suegala" ab, was "Schienbeinknochen" bedeutet - die ersten kurzen Flöten hat man, schon seit Anbeginn der Menschheit, aus Knochen gemacht. Letztes Jahr hat man zum Beispiel in Deutschland Flöten aus Elfenbein und Geierknochen gefunden, die 35.000 Jahre alt waren. Die Flöte ist damit das vermutlich älteste Musikinstrument der Menschheit.
Ja, schon wieder abgeschweift - selbstverständlich hätte ich zu Beginn lieber eine richtige irische Holzquerflöte gespielt, aber was man erst gar nicht bedenkt ist, dass diese Instrumente so richtig groß sind. Es hat schon seinen Grund, warum die meisten Irish Flutes heute von Männern gespielt werden: Bei einer Länge von über 60 cm und einem Durchmesser von bis zu zweieinhalb liegen die Grifflöcher, wenn man sich nicht mit einem Klappensystem behilft, so weit auseinander, dass man einfach große Hände braucht, um überhaupt darauf spielen zu können, vom notwendigen Lungenvolumen für den richtig langen Atem ganz zu schweigen. Eigentlich ziemlich sexistisch, so eine Irish Flute *grmpf*. Aber sei's drum, die Fife bringt denselben warmen, vollen Klang mit, der Holzflöten gegenüber der metallenen Tin Whistle so auszeichnet, sie ist sehr leicht zu lernen (selbst mit völlig verdorbener autodidaktischer Anblastechnik wie der meinen kriegt man nach ein bisschen Pusten ein paar Töne raus), man transportiert und pflegt sie leichter, und sie lässt einen, weil im Gegensatz zur Blockflöte quer gehalten, total elegant aussehen. :-D Wer sich fragt, für was er in langen Grundschuljahren mit Blockflötenunterricht gequält wurde, findet hier die Antwort, denn die Griffweise ist nahezu identisch. Und weil die Fifes, Tin Whistles und Irish Flutes durch ihre Bohrung bereits entsprechend vorgestimmt sind, muss man selbst ohne Harmonienkenntnisse nur ein paar Töne spielen und fühlt sich schon versetzt nach Dublin oder die wilden Küsten von Moher...
Falls ich jetzt wen mit meiner Begeisterung für irische Musik angesteckt habe, reichhaltiges Notenmaterial findet man bei The Session, einer selbstlosen Community, die im Netz ermöglicht, wovon Irlands Musik schon seit Jahrhunderten lebt: den freien Austausch zwischen den Spielern. Von dort stammt auch das Notenmaterial zu folgendem Lied, einer bretonischen Bourrée namens "Crested Hens" (sowas fällt auch nur den Galliern ein). Die heiseren Zwischentöne bitte ich zu entschuldigen, wir gewöhnen uns noch aneinander, die Fife und ich.

Dienstag, 21. September 2010

Umgezogen...

o, schon wieder eine Änderung im Blogalltag, mich hat's jetzt nämlich doch noch auf eine allgemein zugängliche Bloganbieterseite verschlagen. Der Hauptgrund dafür dürfte in der Tatsache begründet liegen, daß so eine mit iWeb erstellte Page trotz fehlender Blogfunktion und der daraus resultierenden Interimslösungen zwar eine optisch ansprechende Sache ist, aber ein Blog macht nur so richtig viel Spaß, wenn man von dort aus auf anderen Blogs rumstöbern kann, das Netzwerk mit einbezieht und sich einfach daran erfreut, von welchen Ecken aus andere Leute vorbeikommen, guten Tag sagen, und auf den (das?) nächste(n) Blog verweisen. Spannend, so etwas, obwohl ich für Internet-Netzen (im wahrsten Sinne des Wortes) immer und immer noch großes Misstrauen empfinde.
Joah, eigentlich wollte ich als Erstes einige Bilder von meiner Rumänienreise letzte Woche zeigen, aber wie das so ist, habe ich die Digitalkamera bei meiner Oma liegen lassen, und bis sie diese einer Großtante mitgibt, die zufällig nächste Woche für ein Chortreffen nach Deutschland kommt, diese dann meine andere Oma trifft und so weiter und so fort, vergeht wohl noch eine geraume Zeit. Deswegen kann ich jetzt nur mal meine schönste Errungenschaft aus Transilvanien herzeigen: Meinen neuen Reiserbesen, handgefertigt aus Weidenholz und Birkenzweigen wie es sich gehört. Also, man sieht sich auf der nächsten Blocksbergfeier … alldieweil versuche ich noch herauszufinden, was es hier nicht alles für neue interessante Funktionen gibt.



Wäh, schrecklich belichtet, aber die iPhone-Kamera gab nicht viel mehr her. Ich geh jetzt Kohlrabi schälen.