Donnerstag, 30. September 2010

Literaturstöckchen und Filmkritik

ei Ashmodai gab's heute ein kleines Buchstöckchen zum Mitgehen lassen; da sag ich natürlich nicht nein. 

Nimm ein Buch, welches mindestens 123 Seiten hat.
Schlag es auf Seite 123 auf, lies die ersten fünf Sätze und stelle die darauf folgenden drei Sätze auf Dein Blog.

Ist so sinnlos das Ganze, dass ich es natürlich sofort ausprobieren musste:

"Selbst wenn die 'Admiral Tegetthoff' der hölzerne Tempel eines Lichtkultes wäre, in dem der Sonnenaufgang als die Wiederkehr der Gottheit verehrt würde, könnte an Bord die Hoffnung auf das Ende der Polarnacht, auf die erlösende Wiederkehr der Sonne nicht größer sein als in diesem Jänner des Jahres 1873. - Die Kranken werden zu Kräften kommen, die Eismauern werden einstürzen und als schmelzende Ruinen in der Dünung davontreiben, und der Wind wird gut sein - wenn nur erst die Sonne wieder über den Horizont steigt …  Aber noch ist die Dunkelheit groß."
Christoph Ransmayr, "Die Schrecken des Eises und der Finsternis"

Das Buch habe ich mal gelesen, weil ich nördliche Abenteuerromane sehr mag, obwohl es in diesem Roman natürlich um mehr geht als Schlittenfahren und Robbenjagen, sonst wäre es nicht in der Auswahlbibliothek der Süddeutschen Zeitung gelandet.
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Gestern abend hatte ich mir im iTunes Store einen Film ausgeliehen, der, obwohl er nicht in Athen spielt und (wahrscheinlich) auch kein Gegenentwurf zu Ken Folletts "Säulen der Erde" ist, nichtsdestotrotz "Agora - die Säulen des Himmels" heißt (jaaa, ich weiß - in der Antike hatte jede griechische Stadt eine Agora. Warum man in Deutschland aber unter jeden englischen Originaltitel einen reisserischen und absolut unpassenden Untertitel dranklatschen muss, bleibt mir weiterhin ein Rätsel). In der Hauptrolle eine überaus schöne und mädchenhaft - neurotische Rachel Weisz - und hier fangen die Probleme an.
Der Film behandelt - natürlich etwas aufgebauscht - das Leben der Philosophin und Mathematikerin Hypatia von Alexandria, einer Frau, die in der Bibliothek von Alexandria Philosophie und diverse Naturwissenschaften unterrichtete, astronomische Forschungen betrieb und aufgrund ihrer Schriften zu Kegelschnitten im Verdacht steht, 1200 Jahre vor Kopernikus und Kepler erkannt zu haben, dass sich die Erde auf einer elliptischen Kreisbahn um die Sonne dreht. Im März 415 wurde sie von einer Gruppe fanatisierter Christen auf grausame Art und Weise getötet, wahrscheinlich durch den Willen des damaligen ersten Patriarchen Kyrill von Alexandria, der seine politische Macht in der Region gegen den amtierenden Präfekten ausdehnen wollte.
Hypatias Lebensgeschichte ist interessant, weil sie durch ihre Dokumentation einen Blick in eine der brisantesten Zeitabschnitte der Menschheitsgeschichte erlaubt: den Untergang des römischen Reiches und den zunehmende Einfluss des Christentums. Wenn man "Christen und Antike" hört, denkt man natürlich sofort zuerst an das Kolosseum, hungrige Löwen und lebende Fackeln; dass schon Urchristen, sobald sie an Einfluss in der antiken Welt gewannen, die ganze Sache mit der Toleranz und der Barmherzigkeit gerne mal vergaßen, ist weniger bekannt. Zum Glück hat Regisseur Alejandro Amenábar keine "Guter Heide - böser Christ" - Parabel daraus gemacht, sondern sensibel zu zeigen versucht, dass nicht eine Religion an sich schlecht ist, sondern in erster Linie die korrumpierbaren Menschen, die sie tragen. Das ist natürlich ein Seitenhieb auf die heutige Diskussion um islamischen Fanatismus. Es ist deswegen vielleicht ein bisschen ungeschickt gewesen, den Patriarchen Kyrill und seinen Propagandahandlanger Ammonius wie zwei Extremisten aus dem hintersten Hindukusch aussehen zu lasen, während die moralisch "Guten" im Film - Hypatia und ihr Schüler und späterer Bischof von Kyrene Synesios sehr hellhäutig und -äugig sind (Synesios trägt sogar im Gegensatz zu Kyrill, der immer in schwarz rumläuft, eine weiße Kutte). Dazwischen stehen der Statthalter Orest und der Sklave Davus, beide in Hypatia verliebt, die versuchen, ihren Platz in dem Religionschaos zu finden. Davus, der in seiner Freizeit ptolemäische Tellurien baut (im Film fälschlicherweise als Astrolabium bezeichnet) und Hypatias Vorlesungen aufmerksamer verfolgt als ihre Studenten, dann aber paradoxerweise das fanatischste Mitglied einer christlichen Extremistenvereinigung namens Parabolani wird (AlQuaida - Verschnitt?), wirkt die ganze Zeit über immer etwas autistisch. Fand ich schade, aus ihm hätte man mehr machen können. Überhaupt scheint die ganze Liebesgeschichte immer ein bisschen notdürftig hineingeflickt, man will ja den unbedarfteren Zuschauer auch etwas bieten. Daran anknüpfend wird Hypatia (durch Rachel Weisz) als schönes, unschuldiges und immer leicht zerstreutes Mädchen bis zum bitteren Ende dargestellt, das Davus' Hundeblick nicht bemerkt und die selbstverliebten Huldigungen des Statthalter Orest zwar abweist, aber dennoch ständig mit ihm zusammensteckt. Das ist insofern etwas krude, da die historische Hypatia zum Zeitpunkt der Ereignisse höchstwahrscheinlich eine gestandene Frau Anfang 40 war, die sicher besseres zu tun hatte als ihre Verehrer an der Nase herum zu führen und ihre Studien auf eine recht unkoordinierte und unprofessionelle Art zu betreiben (so stellen sich halt Männer vor, wie eine Frau forscht und studiert). Ich hätte mir gewünscht, dass einmal ein Regisseur, zumal wenn er nicht aus Hollywood kommt, den Mut hat und eine Frau und Wissenschaftlerin zeigt, die man ernst nehmen kann und die bewundernswert ist, obwohl sie keine Pfirsichhaut und Apfelbrüste hat und sich nicht aufführt wie eine kokettierende Siebzehnjährige mit Genieanflügen. Dafür wäre die Geschichte der Hypatia ideal gewesen.
Ein schöner kleiner "Running Gag" ist die artifizielle Kameraführung geworden, die des öfteren aus Alexandria in die Vogelperspektive und sogar in den Weltraum weg- oder hinzoomt. Anfangs fand ich das etwas anachronistisch, aber jetzt erscheint es mir eine schöne Idee zu sein, die kleinlichen und dummen Konflikte der ewig lärmenden Menschlein auf Erden zu zeigen, während eine Frau allein ihren Verstand benutzt und sich zu den stummen Sternen und lautlosen Bahnen der Planeten empordenkt. Das tröstet ein bisschen über einige Hollywood-Patzer (ausgelassene Blutrünstigkeit inklusive) hinweg, die offenbar unverzichtbar sind, wenn man nach "Ben Hur" und "Gladiator" noch einen Sandalenfilm drehen möchte. Nichtsdestotrotz bleibt die humanistische Behandlung des heute recht empfindlichen Themas "religiöser Fanatismus und Antisemitismus" und natürlich das Herausgreifen einer ungemein faszinierenden Frauenbiographie etwas, das man diesem Film sehr hoch anrechnen muss. Man denke sich nur, was aus dem Stoff geworden wäre, wenn Ridley Scott auf die Idee gekommen wäre, sich daran auszutoben. Du meine Güte.

Montag, 27. September 2010

Mabon-Altar
eute hat es bei uns eine unglaublich leckere Tomatensuppe gegeben. Wenn meine Mutter anfängt, vermehrt Interesse an heißen und kräftigen Suppen zu entwickeln, ist  das ein untrügliches Zeichen, dass es Herbst wird. Obwohl heute die Sonne geschienen hat, war es kalt und windig, und der Hartriegel an meinem Balkon ließ traurig von seinen ersten goldgelben Blättern. Ich mag dieses besondere Licht des Herbstes, die goldenen, satten Farben, die würzig-erdige Luft, das leise Fernweh, das einen überkommt, wenn man gegen den schon milchig blauen Himmel einen Schwarm Wildgänse vorüberziehen sieht. Ach ja … die nächste Vorlesungszeit, in der ich, so ein gnädiger Gott will, meine Sprachklausuren schreibe (und bestehen werde), beginnt in zwei Wochen; ich pauke schon seit Anfang August täglich meine englische und französische Literaturgeschichte. Bin gerade ein bisschen stolz darauf, dass ich Shakespeares Historiendramen wahlweise chronologisch oder unterteilt in Römerdramen, York- und Lancaster-Tetralogien und dem popeligen Rest aufdröseln und der Regeldramatik der französischen Klassik nach Racine gegenüber stellen kann (neeiiin, ich bin totaaal bescheidenSmilie by GreenSmilies.com).

Flöte und ich gewöhnen uns aneinander. Wie es sich gehört, hat sie auch schon einen Flötennamen, nämlich Céirseach, das ist gälisch für die Schwarzdrossel oder Amsel, einen Vogel, der meiner Meinung nach mit seinen Sangeskünsten ohne weiteres jede Nachtigall aufwiegt. Ja, das sommerlange abendliche Singen der Schwarzdrosseln werde ich besonders vermissen im Winter...
Gerade die hohen Töne sind noch immer recht heiser, was daran liegt, dass man bei der Fife, um in die nächsthöhere Oktave zu wechseln, aufgrund des fehlenden Daumenlochs die Töne überblasen muss, soll heißen, bei gleicher Griffweise so reinpusten, dass sich der Ton quasi überschlägt. Und bis das mal schön klingt, muss ich noch ganz feste üben.
Dieses schöne Air-Stück oder je nach Auffassung auch Lament heißt An Buacaill Dileas Ua Eirinn, oder auf englisch "The dear Irish boy". Gehört, wie ich finde, in die engere Auswahl der schönsten keltischen Melodien. Offenbar kann man hier keine reinen Audiodateien einfügen, deswegen gibt's als optische Dreingabe ein paar schöne Fotos von www.irishviews.com .
Ich wünsch euch einen schönen Abend!

 

Donnerstag, 23. September 2010



Blessed Mabon, Alban Elfed Beannaith, gesegnetes Erntedank und einen schönen Herbstanfang!

Mittwoch, 22. September 2010

An Irish Beauty

ach fast einmonatiger Wartezeit ist sie endlich da, die Flöte, die ich über eBay erworben habe. Wenn man ein Paket aus einem Land erwartet, das weiter weg liegt als etwa Österreich, wird einem mal wieder bewusst, wie groß unsere Welt immer noch ist; der erste Postwurfstempel der Royal Mail auf dem Päkchen stammte noch von Ende August, DHL hat's heute vor die Tür gelegt.
Gekauft habe ich dieses schöne Exemplar aus dunklem Walnussholz von David Angus , einem Flötenmacher aus dem County Down in Irland. Bei dem Instrument handelt es sich nicht direkt um eine "richtige" irische Querflöte, sondern um eine sog. Fife, das ist eine kleinere Piccoloflöte mit sechs Grifflöchern, die sich besonders im 19. Jahrhundert in der Militärmusik großer Beliebtheit erfreute. Die schrillen Pfeifen, die britische Soldaten in Historienschinken mit einer geradezu grotesk anmutenden Fröhlichkeit spielen, wenn sie dem Feind entgegenmarschieren, sind solche Fifes, die in einer sehr hohen Oktave überblasen werden. Das Instrument an sich ist allerdings schon älter; es hat seine Vorfahren im Mittelalter des europäischen Kontinents, wo solche Trommel- Seiten-, oder Schwegelpfeifen von Söldnern und Bauern gleichermaßen gespielt wurden. Das Wort "Schwegel" leitet sich von ahd. "suegala" ab, was "Schienbeinknochen" bedeutet - die ersten kurzen Flöten hat man, schon seit Anbeginn der Menschheit, aus Knochen gemacht. Letztes Jahr hat man zum Beispiel in Deutschland Flöten aus Elfenbein und Geierknochen gefunden, die 35.000 Jahre alt waren. Die Flöte ist damit das vermutlich älteste Musikinstrument der Menschheit.
Ja, schon wieder abgeschweift - selbstverständlich hätte ich zu Beginn lieber eine richtige irische Holzquerflöte gespielt, aber was man erst gar nicht bedenkt ist, dass diese Instrumente so richtig groß sind. Es hat schon seinen Grund, warum die meisten Irish Flutes heute von Männern gespielt werden: Bei einer Länge von über 60 cm und einem Durchmesser von bis zu zweieinhalb liegen die Grifflöcher, wenn man sich nicht mit einem Klappensystem behilft, so weit auseinander, dass man einfach große Hände braucht, um überhaupt darauf spielen zu können, vom notwendigen Lungenvolumen für den richtig langen Atem ganz zu schweigen. Eigentlich ziemlich sexistisch, so eine Irish Flute *grmpf*. Aber sei's drum, die Fife bringt denselben warmen, vollen Klang mit, der Holzflöten gegenüber der metallenen Tin Whistle so auszeichnet, sie ist sehr leicht zu lernen (selbst mit völlig verdorbener autodidaktischer Anblastechnik wie der meinen kriegt man nach ein bisschen Pusten ein paar Töne raus), man transportiert und pflegt sie leichter, und sie lässt einen, weil im Gegensatz zur Blockflöte quer gehalten, total elegant aussehen. :-D Wer sich fragt, für was er in langen Grundschuljahren mit Blockflötenunterricht gequält wurde, findet hier die Antwort, denn die Griffweise ist nahezu identisch. Und weil die Fifes, Tin Whistles und Irish Flutes durch ihre Bohrung bereits entsprechend vorgestimmt sind, muss man selbst ohne Harmonienkenntnisse nur ein paar Töne spielen und fühlt sich schon versetzt nach Dublin oder die wilden Küsten von Moher...
Falls ich jetzt wen mit meiner Begeisterung für irische Musik angesteckt habe, reichhaltiges Notenmaterial findet man bei The Session, einer selbstlosen Community, die im Netz ermöglicht, wovon Irlands Musik schon seit Jahrhunderten lebt: den freien Austausch zwischen den Spielern. Von dort stammt auch das Notenmaterial zu folgendem Lied, einer bretonischen Bourrée namens "Crested Hens" (sowas fällt auch nur den Galliern ein). Die heiseren Zwischentöne bitte ich zu entschuldigen, wir gewöhnen uns noch aneinander, die Fife und ich.

Dienstag, 21. September 2010

Umgezogen...

o, schon wieder eine Änderung im Blogalltag, mich hat's jetzt nämlich doch noch auf eine allgemein zugängliche Bloganbieterseite verschlagen. Der Hauptgrund dafür dürfte in der Tatsache begründet liegen, daß so eine mit iWeb erstellte Page trotz fehlender Blogfunktion und der daraus resultierenden Interimslösungen zwar eine optisch ansprechende Sache ist, aber ein Blog macht nur so richtig viel Spaß, wenn man von dort aus auf anderen Blogs rumstöbern kann, das Netzwerk mit einbezieht und sich einfach daran erfreut, von welchen Ecken aus andere Leute vorbeikommen, guten Tag sagen, und auf den (das?) nächste(n) Blog verweisen. Spannend, so etwas, obwohl ich für Internet-Netzen (im wahrsten Sinne des Wortes) immer und immer noch großes Misstrauen empfinde.
Joah, eigentlich wollte ich als Erstes einige Bilder von meiner Rumänienreise letzte Woche zeigen, aber wie das so ist, habe ich die Digitalkamera bei meiner Oma liegen lassen, und bis sie diese einer Großtante mitgibt, die zufällig nächste Woche für ein Chortreffen nach Deutschland kommt, diese dann meine andere Oma trifft und so weiter und so fort, vergeht wohl noch eine geraume Zeit. Deswegen kann ich jetzt nur mal meine schönste Errungenschaft aus Transilvanien herzeigen: Meinen neuen Reiserbesen, handgefertigt aus Weidenholz und Birkenzweigen wie es sich gehört. Also, man sieht sich auf der nächsten Blocksbergfeier … alldieweil versuche ich noch herauszufinden, was es hier nicht alles für neue interessante Funktionen gibt.



Wäh, schrecklich belichtet, aber die iPhone-Kamera gab nicht viel mehr her. Ich geh jetzt Kohlrabi schälen.