Mittwoch, 19. September 2012


Huch, schon wieder Herbst! Das Schwalbennest unterm Tor ist schon seit anderthalb Wochen leer. Zwei Bruten, einmal mit drei und einmal mit vier Küken, haben unsere Rauchschwalben diesen Sommer großgezogen, inklusive viele halsbrecherische Flugkapriolen direkt über unseren Köpfen, das ein oder andere Absturzdrama und mächtig viel Gezeter bei jeder Gelegenheit. Jetzt sind sie allesamt nach Afrika aufgebrochen und es ist merkwürdig still im Hof. Der Herbst ist immer still.
Der Kranz ist nicht aus dem Gartencenter, neiiiin, den hab ich gebunden, nachdem meine Mutter und ich von einem wunderschönen Spaziergang am Fluss entlang jede mit einem Riesenbündel Gesträuch heimgekehrt sind. Er besteht aus:
• Pfaffenhütchenbeeren
• Weißdornbeeren
• Hagebutten
• Schneeballbeeren
• Distel
• Goldrute
• Schlehen
• Hopfenranke (Grüße aus der Hallertau ;))
Jetzt hängt er bei uns vorne am Hoftor und zeigt allen, wie üppig es hier auch ist, wenn keine Blumen blühen. Eigentlich mag ich den Altweibersommer sehr gern; das Licht ist dann nicht mehr so blendend, sondern ganz weich und goldsatt, und im grünen Einerlei des Hochsommers tauchen wieder Farbskalen  und Schattierungen auf, die man sich anziehen möchte, so schön sind sie.
Nur fehlt die Zeit etwas, das Ganze zu genießen. Neben der Seminararbeit, bei der ich mal wieder an einen toten Punkt irgendwo zwischen Schellings System des transzendentalen Idealismus, Schlegels Vorlesungen zu Kunst und Literatur und einem jungen Brentano, der sich die ganze Zeit sarkastisch über die zwei kichernd zwischen Marmorbildern toter Frauen versteckt, angekommen bin, muss ich noch wegen eines wundervollen Jobs (künstlerische Mitarbeiterin eines recht bekannten und etablierten Dirigenten, huiii!) halbe Tage beim Finanzamt zubringen, um so eine doofe Steuernummer zu bekommen (und natürlich ist der Job an sich auch zeitaufwendig) und habe dann natürlich noch den regulären Studentenjob, der mich jede Woche zwei volle Tage kostet, an denen ich sonst zu nichts mehr in der Lage bin. Nur noch zu dem einen: Den Rückweg abends durch den Englischen Garten nehmen. Zu Fuß, das Fahrrad schiebend, ganz leise. Staunen über die Unwirklichkeit der Haine im Zwielicht. Fließendem Wasser zuhören, das verborgen im dunklen Gebüsch vorbeizieht. Den Geruch von Nebel, feuchter Erde und Gras einatmen. Und sich freuen an der Stille.