Sonntag, 24. Oktober 2010

rgendwie geht's mir gerade nicht so dolle...
Das wird jetzt vermutlich eine längere Lamentatio, wer also nicht lesen will, muss nicht und schaut halt nächste Woche wieder rein, aber ich denke, ein Blog sollte nicht nur die schönen, lustigen Dinge im Leben enthalten, und wenn ich darüber schreibe, wird mir vielleicht klarer, was eigentlich los ist - und vielleicht hat der ein oder andere ja den ein oder anderen Rat.
Womit hat alles angefangen? Hm, vielleicht mit der schweren Krankheit meines Großvaters von jenseits des Waldes. Meine Eltern bekommen das nicht so recht mit (müssen sie auch nicht), aber sein Leid ist etwas, das mir näher geht als ich sogar selbst zuvor gedacht hätte. Er hatte ein Gangrän, das ihm jetzt ein Bein gekostet hat, und als hätten meine ständig darum kreisenden Gedanken einen Sympathieschluß oder so ausgelöst, hat sich mein Immunsystem in den Urlaub verabschiedet und ich bekomme überall selber entzündliche Vorgänge an der Haut, vornehmlich sehr schmerzhafte Papeln um den Mund herum (gerade sind es fünf), kleine Follikelentzündungen an den Unterarmen und sage und schreibe drei Nagelbettentzündungen an den Händen. Hinzu kamen die Erkältung letzte Woche und eine allgemeine Fahrigkeit im Denken, die mich planlos von einem Tag zum nächsten hetzten lässt. Ich möchte weinen und weiß nicht warum. Die ursprünglich eingesetzte Zinksalbe hat wegen des enthaltenen Wollwachs' die Entzündungen nur noch größer gemacht, das anschließend verwendete Povidonjod dämmte das zwar wieder ein, war aber so aggressiv, dass sich die oberste Hautschicht abgelöst hat und nässende wunde Stellen entstanden sind, die ewig brauchen, bis sie wieder heilen. Ein aufgesuchter Hautarzt hat mich zwei Minuten angesehen, irgendwas von "Akne" und "selber schuld, wenn Sie daran rumkratzen" gemurmelt und mich mit einem Rezept für irgendein Antibiotikum wieder nach Hause geschickt, von dem ich genau weiß, dass es das Grundproblem nicht beseitigen und nach seinem Absetzen die ganze Sache von vorne anfangen wird. In der Apotheke hatte man keine Lust, mich auf die Frage, ob es eine wundheilende Creme oder Salbe ohne Wollwachsalkohol gäbe, zu beraten. Irgendwie bin ich maßlos enttäuscht und komme mir vor wie eine entstellte Aussätzige. Jetzt behandele ich halt selber zu Hause mit Heilerde und Kamillenblütenaufguss, was schon zumindest körperlich positiv angeschlagen hat. Das Antibiotikum werde ich nicht holen. Was man gegen die innere Rastlosigkeit und allgemein negative Grundstimmung machen soll außer viel spazieren gehen, weiß ich allerdings nicht. Vorgestern war ich mit Arbeitskollegen weg, weil ich dachte, dass mich das vielleicht aufheitert und ablenkt, aber nach zwei Stunden bin ich beinahe aggressiv geworden und wollte nur noch heim in mein kleines Zimmer mit meinen Büchern, der samtigen Stille und den Herbstgestirnen draußen vor dem Fenster. Irgendwie hatte ich auch eine maßlose Angst, mein Großvater könnte in der Zwischenzeit gestorben sein, während ich in irgendeinem Lokal den belanglosen Gesprächen von Leuten gelauscht hätte, die ich bloß zweimal die Woche sehe und kaum kenne. Innenstädte bei Nacht sind sowieso widerwärtig. Jetzt trinke ich grünen Tee mit Lavendel und hoffe, dass sich der ganze Rattenkönig löst und ich wieder mein Gleichgewicht finde. Und mein Opa bald über den Berg ist und gesund wird.

Freitag, 15. Oktober 2010

ff, geschafft. Gestern und heute beide Sprachklausuren geschrieben. Was kam dran? Geeeeenau: in der englischen Klausur Shakespeares dramatisches Werk und in der französischen die klassische französische Tragödie, der Kram, den ich eigentlich die letzten vier Wochen lang hin und her gewendet, analysiert, verglichen und miteinander in jede erdenkliche Beziehung gesetzt habe. Jetzt besteht eher die Gefahr, dass ich zu viel anstatt zu wenig geschrieben habe. Die Übersetzungsteile waren beide machbar. Bei der französischen Übersetzung heute morgen gab's erst einmal Riesenerleichterung, denn Alphonse Daudets "Tartarin de Tarascon", an dem ich mich die letzten Wochen abgegarbeitet habe, war mit seinen ironischen Doppeldeutigkeiten und dem immensen Spezialvokabular eine sehr viel schwerere Übersetzungsarbeit als die heutige Aufgabe. Beim gestrigen englischen Übersetzungsteil hat's mich aber erst einmal gehörig geschaudert, denn der stammte aus Ernest Hemingways Roman "For Whom the Bell tolls" - und das, nachdem ich mich die letzte Woche so euphorisch mit John Donne auseinandergesetzt hatte. Überhaupt gab's gestern noch eine dicke Portion Schicksalsironie: Ich hätte ja eigentlich schon letztes Jahr zur Sprachklausur antreten sollen, fühlte mich aber irgendwie unvorbereitet und schob die klassische studentische 24-Stunden-Influeanza vor. Tja, und wer musste gestern und heute vollgepumpt mit Sinupret und mit Nasenspray, Taschentüchern und Salbeibonbons bewaffnet zur Prüfung antreten? Naaaa?
Ach ja, während ich so grübelnd aus dem Fenster in den Nordhof starrte, der mit großen Ebereschenbäumen bepflanzt ist, kam mir so ein kleines Stoßgebet in den Sinn.

Rowan tree, 
I cry to thee,
lend this to me:
a wisdom's goldberry,
and blessed be,
dear rowan tree.

Tja, kongenial gereimt. :-D Schien aber dennoch wohlwollend aufgenommen worden zu sein, denn ich denke, diese Prüfungen waren ganz erfolgreich. Jetzt freue ich mich auf ein entspanntes, lernfreies Wochenende zum Auskurieren. *hatschi*

Samstag, 9. Oktober 2010

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Ist durch…

…mein stundenlanges begeistertes Rezitieren von Donnes Ausspruch versehentlich ein Zauber losgegangen? Plötzlich redet man in Stuttgart miteinander! Naja, ob's jetzt einen Baustopp gibt oder nicht, darauf können sie sich schon wieder nicht einigen, aber immerhin…
Well, thanks, Master John.
ch habe mich seit kurzem mal wieder eine schrecklich altmodischen Tätigkeit zugewendet, dem Stricken. Beim Zusammensuchen der etwas wetterbeständigeren Herbstaußenhülle (ja, ich bin früh dran *gg*) ist meine alte Lieblingsmütze nämlich buchstäblich zu Staub zerfallen, und weil in den Geschäften zwar billige Mützen en masse rumliegen, diese aber meistens aus so ekligem Acryl-Polymer-Gemisch sind und offenbar keiner mehr auf die Idee kommt, schöne Farben zu verstricken (das Wetter ist eh schon so trübe, da brauche ich wirklich kein Knochenascheschwarz, Nebelgrau und diese Leichenlilatöne), muss ich halt selber ran. Das Garn ist aus 100% europäischer Baumwolle und kommt aus dem Wollkontor Erlangen, einem Online-Shop, den ich hier wärmstens weiterempfehlen will, denn man kriegt dort einen so freundlichen, transparenten und menschlichen Service, dass es einem schier die Sprache verschlägt. Natürlich wird die Mütze grün. ;-) Einen etwas helleren weidenblattartigen Ton habe ich gleich mit gekauft für einen Loopschal. Joah, und zwischen Arbeit und den Lernstunden ist so eine halbe Stunde Stricken mit einer Tasse Tee und einem guten Hörbuch, während draußen der Nebel Perlen in die Spinnennetze zwischen den Balkongittern hängt, wirklich eine entspannende und sogar richtig meditative Tätigkeit.
In einer meiner Literaturgeschichten ist mir mal wieder eines der schönsten Zitate der Menschheitsgeschichte untergekommen, das ich schon ganz vergessen hatte. Es stammt aus der Meditation XVII von John Donne und lautet wie folgt:

"No man is an island entire of itself; every man  is a piece of the continent, a part of the main;  if a clod be washed away by the sea, Europe  is the less, as well as if a promontory were, as  well as any manner of thy friends or of thine  own were; any man's death diminishes me,  because I am involved in mankind.  And therefore never send to know for whom  the bell tolls; it tolls for thee."
Und dann schaut man nach Stuttgart, und man schaut sich in der Politik um, und in der Wirtschaft, und dann fragt man sich, woher ein einzelner Mensch, der eine Pluderhose trug und seit fast 400 Jahren tot ist, bloß so viel Verstand herbekommen hat.