Montag, 16. April 2012

in ehemaliger Kommilitone, der jetzt in Bonn Geschichte studiert, hat mir ein Päckchen geschickt, in dem sich eine Matronae-Figurine befand. Wir haben mal herrlich vehement darüber diskutiert, ob Goethe, wenn er Mephisto in Faust II von den Müttern sprechen lässt ("Göttinnen thronen hehr in Einsamkeit, um sie kein Ort, viel weniger eine Zeit" - googelt mal die ganze Stelle, es macht einen schaudern). womöglich die römisch-keltischen Matronen gemeint hat. Ich war aus literaturwissenschaftlicher Sicht dafür, er aus historiographischer dagegen. Blöderweise hat keiner von uns gewusst, ob es zu Goethes Zeiten schon ärchaeologische Funde von Matronensteinen gab. Das Figurenterzett (es ist die Reproduktion einer in Köln gefundenen Figurine, die er in Bonn in einem Museumsshop entdeckt und gleich an mich gedacht hat) wollte er mir darum nicht vorenthalten, auch wenn er's versäumt hat, nachzusehen, wann der älteste Fund datiert ist. Aber das wird nachgeschickt, großes Ehrenwort. :-D Lieber Daniel, ich hab mich riesig gefreut, vielen Dank und liebe Grüße nach Bonn!
Sie sind ein bisschen unheimlich, die Gesichter der Matronen mit den überdimensionierten Hauben (was ihren Stand als verheiratete Frauen anzeigt; die mittlere trägt als junges Mädchen das Haar offen), aber das Konzept an sich finde ich ungemein faszinierend. Es ist einer der sehr tiefschichtigen Schnittpunkte zwischen keltischer, germanischer und römischer Volksreligiosität gerade im Grenzgebiet am Rhein. Wie die Genii Cucullati als Nothelfer auf Reisen waren die Matronen die guten Feen im Alltag, die man um alle kleinen Sorgen und Nöte angegangen hat, für die die Götter etwas zu 'hoch' waren, um Vorratshaltung, den Haussegen, Bitten um einen guten Tag, Schutz, Geburt und Gesundheit, Trost, kleine Wünsche, Frauenkram, aber in ihren Händen lag, ähnlich wie die Nornen, Disen, Moiren und Walküren, das Schicksal der Menschen, der Verlauf von Schlachten und Ausgang von Kriegen, und daran kann man sehen, wie uralt diese dreigesichtigen kleinen Göttinnen des Alltags eigentlich sind. Wer mehr zum Matronenkult lesen mag, kann das hier in aller Ausführlichkeit tun.
Und was war das erste, woran ich beim Rumlesen gedacht habe? An die Hexen aus Lancre, von denen Pratchett selber schon schrieb, sie seien "the maiden, the mother...and the other one."*kicher* Die Doppelbödigkeit als Alltagspragmatismus und Mysterium, die ich besonders an den Tiffany-Weh-Büchern mag, ist, denke ich, eine anschauliche Analogie zu dem, was solche Genii von 'richtigen' Göttern unterscheidet. Bei mir stehen sie folgerichtig in einem Schrein (die verteil ich jetzt überall im Haus) in der Münchner Küchenecke und gucken wohlwollend streng in Vertretung von Mama, dass auch nichts anbrennt, ich ordentlich esse und es mir gut geht.:-)